Studien zur Interessenforschung in der Naturwissenschaftsdidaktik beziehen sich mehrheitlich auf das Modell der Interessengenese von Krapp (1992, 2010). Zur Erfassung der Interessensvalenzen – emotionale, wertbezogene und epistemische – werden häufig die Skalen von Engeln (2004) oder Pawek (2009) verwendet. Die bisherigen Ergebnisse zeichnen ein uneinheitliches und teils widersprüchliches Bild. Auch lassen sich die genannten Valenzen weiter ausdifferenzieren. So konnten Randler et al. (2011) empirisch zeigen, dass sich die emotionale Komponente in die Teilbereiche Wohlbefinden und Langeweile differenzieren lässt. Obwohl die epistemische Valenz überwiegend kognitiv definiert ist, werden häufig emotionale Zustände oder subjektive Bedeutungszuschreibungen erfasst. Zudem besteht Uneinigkeit über die Abgrenzung des Konstrukts „Interesse“ zu verwandten Konzepten wie der epistemischen Neugier.
Zwar liegen im Bereich der naturwissenschaftsdidaktischen Forschung bereits einige Arbeiten zu Inklusion und Diversität vor, die spezifische Verknüpfung dieser Aspekte mit Prozessen der naturwissenschaftlichen Identitätsbildung ist jedoch bislang nur unzureichend untersucht.
Vor diesem Hintergrund stellt der Beitrag ein Rahmenmodell vor, das Subfacetten der Konstrukte Interesse, Neugier und naturwissenschaftliche Identitätsbildung integriert. Theoretische Kernelemente des Modells wurden anhand einer naturwissenschaftlichen Lernsituation in einer freiwilligen, anonymen Befragung von Lernenden (N = 133) empirisch geprüft. Die Ergebnisse zeigen sowohl eine hohe Reliabilität als auch die faktorielle Validität der verwendeten Skalen.