In einer zunehmend digitalisierten Welt gewinnen die Beurteilung und Nutzung digitaler Medien aus verschiedensten Quellen in vielen gesellschaftlichen Bereichen laufend an Bedeutung. Die für schulisches Lernen populären Erklärvideos partizipativer Plattformen wie YouTube stellen Lehrpersonen im Physik- und Chemieunterricht vor berufsspezifische Herausforderungen: Um Erklärvideos optimal für den Unterricht nutzbar zu machen, müssen Lehrpersonen diese unter Anwendung ihrer professionellen Lehrkompetenz kriteriengeleitet auswählen und adäquat in ihren Unterricht einbetten.
Die im Vortrag präsentierte Mixed-Methods-Studie mit angehenden und bereits tätigen Lehrpersonen (N = 330) untersucht vor diesem Hintergrund Facetten professioneller Lehrkompetenz für den effektiven Einsatz von Erklärvideos im Chemie- und Physikunterricht und Beziehungen zwischen diesen Kompetenzfacetten und potenziell erklärenden Faktoren. Erhoben werden dazu die professionelle Wahrnehmung von Lernunterstützungsmerkmalen in Erklärvideos zu physik- und chemiedidaktischen Konzepten sowie Faktoren wie unter anderem das fachdidaktische Wissen, die Unterrichtserfahrung und motivationale Überzeugungen.
In vielen Fällen nehmen Teilnehmende keine von fachdidaktischen Kriterien geleitete Einordnung ihrer Wahrnehmung von Merkmalen der Lernunterstützung vor und schlagen konsequenterweise mehrheitlich unterrichtliche Einbettungen vor, die den im Rahmen des Expertenratings identifizierten Defiziten in den Erklärvideos kaum Rechnung tragen. Diese Ergebnisse legen nahe, dass (angehende) Lehrpersonen das in Erklärvideos als digitale Medien vorhandene lernunterstützende Potenzial häufig nicht ausschöpfen, da sie ihr Professionswissen nicht für eine situativ lernwirksame Einbettung von Erklärvideos nutzbar machen können. Aufbauend auf der Analyse von Einflussfaktoren werden Ansätze für die Aus- und Weiterbildung von Naturwissenschaftslehrpersonen zur Sensibilisierung für Qualitätsaspekte beim Einsatz von Erklärvideos abgeleitet. Ziel ist dabei eine vollständigere Ausschöpfung des Potenzials des Mediums durch kriteriengeleitete Beurteilung und der daraus abgeleiteten adäquaten unterrichtlichen Einbettung durch die Lehrpersonen.

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